Aus der Landeskirche
1. Landesbischof Fischer präsentiert Studie über
Kircheneintritte
2. Leserbrief zum Artikel "Suche nach Heimat treibt
Ausgetretene zurück zur Kirche"
3. Kirchenparlament muss nicht den Rotstift zücken
4. Die Kirche wird kleiner und ärmer werden
5. Landeskirche will die Umnutzung von Immobilien forcieren
1. Landesbischof Fischer präsentiert Studie
über Kircheneintritte
(Quelle: BNN vom
15. Februar 2005)
Die
evangelische Kirche punktet hauptsächlich mit ihrem
sozialen Handeln und einem religiösen Heimatgefühl. Wie
Landesbischof Ulrich Fischer gestern vor den Medien
mitteilte, treten insbesondere aus diesen Gründen die
Menschen in die Kirche ein. Daneben halten viele der
Eingetretenen die Werte, die von der Kirche vermittelt
werden, für wichtig.
Fischer präsentierte mit diesen Ergebnissen eine bundesweit
einmalige Studie des Sozialinstituts der Evangelischen
Kirche in Deutschland. Drei Jahre lang befragten Experten
über 1000 Eingetretene in Baden nach ihren Motiven. Insgesamt sind in die
Evangelische Kirche in Baden in den vergangenen zehn Jahren
25 000 Menschen eingetreten.
Demgegenüber stehen allerdings 75 000 Austritte. Unter dem
Strich hat die badische Landeskirche seit 1986 in der
Statistik 15 000 Menschen verloren, allerdings hat sich in diesem Zeitraum die
Berechnungsgrundlage geändert, wodurch rein statistisch 30
000 Mitglieder aus den Listen verschwunden sind. Bereinigt
um diesen Effekt ist die Schar der badischen Protestanten
also um rund 15 000 Mitglieder gewachsen. Das liege unter anderem daran, dass viele
Menschen vor allem aus den östlichen Ländern zuziehen.
Der
Bischof nannte drei ungefähr gleich große Sparten unter den
Eingetreten: Da Sind zunächst Neueintritte, also Taufen von
Erwachsenen. Unter dieser Gruppe finden sich insbesondere
Russlanddeutsche, die sich in ihrer neuen Heimat zu einer
Kirche bekennen wollen. Zum anderen gibt es so genannte
Wiedereintritte von Menschen, die irgendwann ausgetreten
waren. Das Durchschnittsalter der Eingetretenen liege
zwischen 40 und 50 Jahren.
Schließlich laufen pro Jahr rund 800 Menschen von der
katholischen zur evangelischen Kirche über, in umgekehrter
Richtung sind es nach Auskunft von Oberkirchenrat Michael
Nüchtern gerade mal 30. "Das ist für uns kein Anlass zur
Häme", stellt Fischer klar. Was das zu bedeuten habe, wolle
man "dem ökumenischen Diskurs überlassen", so der Bischof
diplomatisch. Dem erzbischöflichen Ordinariat habe man die
Zahlen jedenfalls mitgeteilt.
Nur
eine untergeordnete Rolle habe bei den Eintritten die Frage
nach der eigenen Beerdigung gespielt, interpretiert Fischer
das Studienergebnis weiter: "Auf diesem Gebiet gibt es
genügend andere Anbieter." Wohl aber spiele die Arbeit der
Kirche vor Ort eine Rolle, so etwa die Gestaltung einer
Taufe, Hochzeit oder Beerdigung.
Vor
allem das Engagement der Kirche im sozialen, diakonischen
und friedenspolitischen Bereich sei vielen, die eingetreten
sind, wichtig. Unter den ehemals Ausgetretenen sei häufig
"das heimatliche Gefühl, wieder dazugehören zu wollen",
genannt worden. Ausgetreten sei ein Großteil im Zuge der
68er-Gesinnung.
Manchmal gibt es geradezu paradoxe Austrittsgründe: 30
Prozent der Wiedereingetretenen gaben an, dass sie
seinerzeit auf Grund einer Aussage des Papstes ausgetreten
waren.
2. Leserbrief zum Artikel "Suche nach
Heimat treibt Ausgetretene zurück zur Kirche"
(Quelle: BNN vom
19.02.2005)
Mit
großer Verwunderung haben wir diesen Artikel unseres
Landesbischofs Herrn Dr. Ulrich Fischer zur Kenntnis
genommen. In unserer Pfarrgemeinde Waghäusel sehen wir seit
einiger Zeit leider kein "soziales Handeln" und "religiöses
Heimatgefühl". Unsere Gemeindehäuser in Kirrlach und
Waghäusel sind für alle Christen geschlossen worden. Die
ehrenamtliche kirchliche Gemeindearbeit
(Mutter-Kind-Gruppe, Kinderbasteln, ökumenischer
Handarbeitskreis, die AA, geistliche Stunde der
Russlanddeutschen, Bibelkreis, Frauengymnastik) wurde
teilweise zerstört bzw. fand eine "neue Heimat" in anderen
Räumlichkeiten. Das größte Unverständnis jedoch ist für
viele von uns der geplante Abriss unserer Friedenskirche im
Stadtteil Waghäusel.
Das
Kleinod steht offensichtlich auf goldenem Boden und soll
deshalb geopfert werden! Vorschläge die Friedenskirche zu
erhalten sind allerorts auf taube Ohren und Unverständnis
gestoßen. Dieses Verhalten kann aufgrund der vielen
Neueintritte und der Tatsache, dass wir Zuzugsgemeinden
sind, nicht nachvollzogen werden. Aus finanzieller Not soll
künftig ein neues zentrales Pfarrzentrum in unmittelbarer
Nähe der Kirche entstehen. Für rund 5000 Protestanten aus
Hambrücken, Oberhausen, Rheinhausen, Waghäusel, Kirrlach
und Wiesental soll dies als neue Heimat dienen. Durch
diesen Zentralismus wird aber das "soziale, diakonische und
friedenspolitische" Engagement vieler Christen in den
einzelnen Gemeinden mit Füßen getreten.
Nicole Zieger, Bonhoeffer Str. 1, 68753 Waghäusel,
07254/60995
Ursula Liebl, Flattacher Str. 52, 68753 Waghäusel,
07254/60981
3. Kirchenparlament muss nicht den Rotstift
zücken
(Quelle: BNN Nr. 233, Seite
10,
vom 15.10.2005)
Bad Herrenalb
(sk). Die Evangelische Landeskirche in Baden hat in den
vergangenen Jahren den Gürtel so eng geschnallt, dass im
kommenden Haushalt voraussichtlich "keine größeren
Kürzungsrunden nötig" sind. Nach Angaben des
Oberkirchenrates ist die Finanzsituation der Landeskirche
momentan recht stabil. "Eine Folge der schweren
Einschnitte, die wir in den vergangenen Jahren machen
mussten", erklärte Landesbischof Ulrich Fischer im Vorfeld
der Herbstsynode, die am Sonntagabend mit einem
Gottesdienst in Bad Herrenalb eröffnet wird.
Von
Montag bis Donnerstag werden die 77 Mitglieder des
Kirchenparlaments über 19 Tagesordnungspunkte beraten. Im Mittelpunkt steht der Doppelhaushalt
für die kommenden zwei Jahre und eine Veränderung der
Grundordnung. In den vergangenen zehn Jahren wurden
100 Gemeindepfarrstellen
gestrichen, rund 30 Prozent wurde in der Verwaltung
gespart. "Wenn wir dies nicht getan hätten, stünden wir
jetzt an der Wand", sagte der Landesbischof. Ein Grund
mehr, sich nun nicht nur mit Finanzfragen zu beschäftigen:
Auf der Herbsttagung wollen sich die Synodalen vor allem
mit Instrumenten strategischer Planung befassen. Zudem soll
die Pfarrerausbildung erneuert werden. Auch wird darüber
beraten, wie die Grenzen der Kirchenbezirke im Raum
Freiburg gezogen werden sollen.
4. Die Kirche wird kleiner und ärmer werden
Die badischen Protestanten stellen sich auf einen weiteren
Schrumpfungsprozess ein
(Quelle: BNN Nr. 244, Seite 5, vom 21.10.2005)
(Bad
Herrenalb) Die Protestanten in Baden stellen sich auf einen
weiteren Schrumpfungsprozess ein und wollen deshalb die
Strukturen der evangelischen Landeskirche grundlegend
verändern. "Die Kirche der Zukunft muss anders strukturiert
sein, weil sie kleiner und ärmer werden wird", sagte die
Präsidentin des badischen Kirchenparlaments, die Mannheimer
Rechtsanwältin Margit Fleckenstein, gestern zum Abschluss
der Herbsttagung der Landessynode. Bischof Ulrich Fischer
will sich bei den bevorstehenden Reformen für eine
Neuordnung der kirchlichen Arbeit vor allem in den
Großstädten einsetzen. "Wir brauchen dort andere
Gemeindeformen", sagte der Bischof der 1,3 Millionen Mitglieder umfassenden Landeskirche bei der Tagung in Bad
Herrenalb.
Im
Gegensatz zu allen anderen evangelischen Landeskirchen
müssen die Badener in den kommenden zwei Jahren keine
drastischen Abstriche in zweistelliger Millionenhöhe
machen. Der konsequente Sparkurs der vergangenen zehn Jahre
mit dem Abbau von 100 Pfarrstellen sowie einer langfristigen Kapitalrücklage für die
Pensionen hat der hiesigen Landeskirche etwas Zeit zum
finanziellen Durchatmen verschafft. Ohne diese Vorsorge
hätten die 77 Synodalen bei einem Gesamtvolumen von 570
Millionen Euro jetzt einen Fehlbetrag von 92 Millionen Euro
mit dem Rotstift ausgleichen müssen. Langfristig muss der
Gürtel jedoch erneut enger geschnallt werden. So bezifferte
der Vorsitzende des Finanzausschusses, Joachim Bück, das
Minus bei den Kirchensteuereinnahmen im laufenden Jahr auf
5,1 Prozent.
Fleckenstein bemängelte gestern, dass es bei den Pfarr- und
Kirchengemeinden noch zu viele unübersichtliche
Doppelstrukturen gebe, die bei der geplanten Novellierung
der Grundordnung beseitigt werden sollen. So hätten die
Mitglieder des Kirchenparlaments einhellig die Überlegungen
begrüßt, für mehrere Pfarrgemeinden einen Ältestenkreis
bilden zu können. Dies sollte dann der Fall sein, wenn
diese Gemeinden gemeinsam von einem Pfarrer betreut werden.
"Wir müssen mit unseren Personalressourcen künftig besser
umgehen", sagte die Synodalpräsidentin. Die Protestanten
setzen bei ihrer Zukunftsplanung auch moderne
Managementmethoden ein. In den nächsten Monaten soll ein
"Kirchenkompass" erarbeitet werden. Zur Vereinbarung von
strategischen Zukunftszielen werden alle Arbeitsfelder der
Landeskirche einer Stärke- und Schwächeanalyse unterzogen.
Den Ausgangpunkt bildet eine "Vision" für die Landeskirche,
die Bischof Fischer verfassen wird. Details der "Vision"
wollte er gestern noch nicht verraten, nur in einem Punkt
ließ er sich in die Karten blicken: Er wolle eine
Neudefinition von Gemeindearbeit einbringen. "Wir müssen
weg von der Kirche der Orte hin zu den Orten der Kirche
kommen". Dies gelte besonders für die Großstädte, sagte der
Landesbischof. Kirche dürfe sich dort nicht mehr so stark
an Strukturen, sondern mehr an Inhalten orientieren.
Die Synode hat auch einen Appell an die Landesregierung zur
Erstellung eines Armuts- und Reichtumsberichts
verabschiedet. Zuvor hatte der badische Diakoniechef
Johannes Stockmeier heftige Kritik an einer pauschalen
Diffamierung von Arbeitslosen-II-Geld-Empfängern durch das
Bundeswirtschaftsministerium geübt.
5. Landeskirche will die Umnutzung von
Immobilien forcieren
(Quelle: BNN, vom 27.04.2006)
(Bad Herrenalb) Die badische evangelische Landeskirche
will mithilfe eines Liegenschaftsmanagements eine sinnvolle
Umnutzung kirchlicher Gebäude erreichen. In den nicht mehr
für Gottesdienste genutzten Kirchen sollten diakonische
Initiativen, christliche Wohngemeinscharten oder
Konzerträume entstehen, sagte Landesbischof Ulrich Fischer
zum Auftakt der Frühjahrssynode in Bad Herrenalb. Dort
beraten bis Samstag 76 Synodale vorwiegend über den so
genannten Kirchenkompass als strategisches
Planungsinstrument für die Zukunft der badischen
Landeskirche.
Um sich auf einen drohenden Bückgang der Kirchensteuern
einzustellen, müsse die Landeskirche rechtzeitig nach
alternativen Finanzierungsmöglichkeiten suchen. Dazu zählt
für den Landesbischof, „dass wir den Bedarf an kirchlichen
Gebäuden zielgerichtet planen und ein
Liegenschaftsmanagement etablieren". Nicht für alle Gebäude
sei in Zukunft noch Verwendung. Stattdessen sollten
diakonische Einrichtungen wie die Diakonischen
Hausgemeinschaften in Heidelberg, christliche
generationenübergreifende Wohngemeinschaften oder, wie
derzeit in Mannhelm, eine staatliche Musikschule das
Kirchengebäude als Konzertraum nutzen können. Dies sei der
Weg hin „zu einer Kirche lebendiger geistlicher Orte".
Vier Leitbilder aus dem Kirchenkompass stellte der
badische Landesbischof den76 Kirchenparlamentariern vor,
mit denen sie sich in einer Art Workshop beschäftigen.
Außer der Umnutzung bestehender Kirchengebäude zählen dazu
auch das verstärkte und breite Engagement aller
Protestanten in der evangelischen Kirche, die ökumenische
Bildungsarbeit und eine „Gesellschaftsdiakonie" mit
„Weltverantwortung". Als Beispiele für die Förderung der
Bildungsarbeit nannte der Landesbischof etwa die Gründung
ökumenischer Bildungszentren, „Piloteinrichtungen mit hoher
überregionaler Ausstrahlung" und „stellvertretendes Handeln
einer Konfession für die andere". Es gebe bei den
Protestanten keine wesensmäßige Unterscheidung von
Priestern und Laien, sagte Fischer. Jeder Getaufte habe
einen freien und unverstellten Zugang zu Gott. ,,Das
gelingende Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen ist
nicht etwas, um Personalkosten für unsere Kirche zu
sparen", sagte der Bischof.
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